Ablauf
des Schießens
von Ralf Weyda:
Ich
habe den Luftsack und das KT-04 bekämpft, mal als Oschi in
der Schilka, später dann auf dem PU-12. Prinzipiell
wurde zu meiner Zeit (ab 1982/83) die Schießaufgaben auf
Schleppziel (also Luftsack bzw. KT-04) als so genannte "Kurze-Halt-Aufgaben"
geschossen. Der Ablauf war folgendermaßen:
Der
Fla-SFL-Zug nahm Aufstellung an der Ablauflinie. Die
Bereitschaftsstufe 2 war hergestellt, d.h. die Fla-SFL war
eingeschaltet, die Stabilisierungseinrichtung war
eingeschaltet und die Waffen waren unterladen (Granatpatronen
waren zugeführt, die Waffen aber nicht gespannt).
Zeichnung:
Ralf Wayda
Befand
sich das Ziel im Anflug, wurde die Ampel an der Ablauflinie
auf "Grün" geschaltet und auf Kommando (dublierend)
begann der Fla-SFL-Zug den Marsch in den Feuerabschnitt.
Ab
etwa 1986, als aus dem guten alten "Flakschießen"
die Taktische Übung der Fla-Raketen-Artilleriebatterie mit
Gefechtsschießen wurde, kam als besonderes taktisches Element
bei dieser Schießaufgabe das Überwinden der Spurbrücke
dazu. Kurz vor dem Feuerabschnitt befand sich eine Spurbrücke
(vermute mal von einem BLG). Der Kommandant musste vorher
absitzen und seine Schilka über die Spurbrücke weisen. Der
Schleppverband befand sich dabei schon im Anflug, nicht selten
war die L-39 bereits mit bloßem Auge zu sehen. Da hieß es
nur, Ruhe zu bewahren...
Die
eingeschaltete Stabilisierungseinrichtung gewährleistete,
dass die Waffen in Richtung See zeigten. Im
Feuerabschnitt wurde gehalten. Das
heißt, die Schilka blieb an einem definierten Platz stehen. Für
jede Fla-SFL wurde der Schußsektor mit rot-weißen
Fluchtstäben markiert. Die Einhaltung der Schußsektoren
sollte verhindern, dass das Feuer zu früh eröffnet bzw.
über den Wechselpunkt hinaus geführt wurde. Der
Wechselpunkt ist der Punkt, an dem aus einem anfliegenden ein
abfliegendes Ziel wird. Hinterherschießen gilt nämlich
nicht!
Foto
1: Batterie beim Beziehen der Feuerlinie
Im
Feuerabschnitt übernahmen die
Sicherheitsoffiziere nahmen ihre "Fernbedienung".
Das war eine Box mit einem Schalter zum Unterbrechen des Schießstromkreises.
Die Box war mit einem Kabel von etwa 8 - 10 Metern Länge an
die Fla-SFL angeschlossen. Der Sicherheitsoffizier begab sich
damit in seine Deckung und hatte bei Verstoß gegen
Sicherheitsbestimmungen oder Erlöschen der Lampe
"Feuererlaubnis" am Gefechtsstand den Schießstromkreis
zu unterbrechen.
Die Deckungen der Siegfried Otto's (Sicherheitsoffiziere - SO)
waren aus Betonelementen gefertigt. Der SO befand sich direkt
neben der Schilka und konnte genau überprüfen, ob die
Schilka tatsächlich das Schleppziel aufgefaßt hat und
begleitet. Der
Kommandant konnte ebenso die ordnungsgemäße Arbeit seines
OFO Oberfunkorter) überprüfen, denn er schaute während der
Aufgabe aus seiner Luke.
Die
Fla-SFL führten jetzt die Zielsuche nach Zielzuweisung des
Kommandanten durch. Dazu wurde die Stabi ausgeschaltet und der
Turm und die Wiege mit den hydraulischen Richtantrieben auf
das Ziel geschwenkt.
Allgemein
war das Auffassen des Ziels bei dieser Aufgabe nicht sehr
schwierig, da die L-39 schon aus gut 12 km Entfernung mit
bloßem Auge erkannt werden konnte. Sie zog nämlich eine
tolle Rauchfahne hinter sich her. Der
Oberfunkorter ließ das Schleppflugzeug oben links aus dem
Visier ausfliegen und wartete, dass das Schleppziel unten
rechts ins Visier einflog. Praktisch brauchte er, wenn er die L-39
im Visier aufgefasst hatte, nur die Rauchfahne zu verfolgen
und durfte nicht nervös werden. Dann konnte er das KT-04 fast
nicht verpassen.
Das
Schleppziel befand sich an einem Drahtseil von etwa 600 bis
800 Metern Länge. Noch den richtigen Vorhalt eingestellt,
dann wurde aufgefasst gemeldet.
Erst
nachdem die Schilkas das Auffassen des KT-04 gemeldet hatten,
wurden die Waffen geladen. Dazu musste die blaue Rundumleuchte
am Gefechtsstand leuchten und die Feuererlaubnis über Funk
erteilt sein.
Auf
Kommando wurden die Waffen mittels Pyropatronen geladen und
das Feuer eröffnet. Nach der Feuerführung wurde kurz
angerollt, um den kurzen Halt zu beenden. Dabei sah es mit den
Sicherheitsoffizieren an der Leine aus wie bei kleinen Jungs
mit überdimensionalen ferngesteuerten Spielzeugen.
Nach
wenigen Metern wurde aber angehalten und die Sicherheit der
Waffen überprüft bzw. hergestellt. Nach erfolgter Meldung über
die Sicherheit wurde der Feuerabschnitt verlassen.
Foto 2: Fla SFL Batterie des MSR-7 "Max Roschner"
(7.PD) beim Gefechtschießen
Episode
zum Gefechtschießen der Fla-Sfl-Batterie des MSR 17 - 1985
von Andreas Deparade:
Das
Personal für die Sicherheitsolloffiziere an den SFL und für
den Kontrolloffizier beim Batteriechef der schießenden
Einheit wurde von den schießenden Einheiten selbst gestellt.
Das waren in der Regel Techniker aus den I-Zügen als SO und
die eigenen I-Zugführer als KO bei den BC. Völlig normal,
daß diese für den schießenden BC keine Respektspersonen
waren.
Jedenfalls
hatte ich, in der Erwartung, diese Aufgabe an einem Freitag im
Frühjahr 1987 nicht mehr schießen zu müssen, meinen I-ZF,
der kurz zuvor Vater geworden ist und sich um den Umzug in
eine größere Wohnung kümmern mußte, schon in den
Wochenendurlaub geschickt, als ich mit meiner Truppe dennoch
zum Schießen in den kurzen Halt beordert wurde, weil der
Schießplan irgendwie durcheinander geraten war.
Ich
habe daher kurzerhand meinen Obermechaniker Rechengeräte,
seines Zeichens Stabsfeldwebel, zum Kontrolloffizier ernannt.
Das fiel ja auch nicht weiter auf, denn auf 100 m Entfernung
sahen wir ja sowieso alle gleich aus.
Dazu
kam, daß man seitens der Oberen aus der Arbeitsgruppe des
CTLA beim KoLasK der Meinung war, daß man das alles noch mit
physischer Belastung kombinieren müßte, um Gefechtsnähe zu
simulieren. Die schießende Truppe mußte also
(einschließlich BC!), außer den Fahrern der SFL, vor der
Einfahrt in den Kurzen Halt noch mal geschlossen die Kampfbahn
für Fla-Raketenschützen überwinden, um dann aufzusitzen und
die Schießaufgabe zu erfüllen.
Das
hat ja auch ganz ordentlich geklappt, nur mit dem Timing hatte
man noch so keine rechte Erfahrung. Jedenfalls war die L-39
mit dem Schleppziel schon ziemlich nahe dran, als wir in den
kurzen Halt einbogen. Daher mein Kommando über Funk:
„Geschwindigkeit erhöhen!“ Als die SFL in der Stellung
ankamen, war die L-39 schon am Wechselpunkt. Auf mein Kommando
„Ziel auffassen“ gingen in Nullkommanichts die Türme rum
und es kam von allen die Meldung „Ziel aufgefaßt“. In
diesem Moment wollte mir mein unechter Sicherheitsoffizier
noch irgend etwas sagen. Da habe ich nur noch zurück geblafft
„Maul halten, Fahne heben“ und im selben Moment über Funk
das „Feu-err“ befohlen.
Es
war ein Bilderbuchschießen! Jede SFL hat einen Feuerstoß
rausgelassen, alle 4 lagen die deckend im 0-00 Strichkreis um
das KT04. Hätte nur noch gefehlt, es wäre runter gekommen.
Das
Dumme war nur, daß der Schießplatz angesichts des zu schnell
nahenden Zieles bereits Feuerverbot befohlen und ich davon
nichts mitbekommen hatte. Damit kam dann auch der Schwindel
mit dem getürkten Kontrolloffizier raus.
Jedenfalls
hat mir das Ganze dann einen strengen Verweis eingebracht. Zum
Glück hatte ich meine Beförderung zum Hauptmann schon einige
Wochen hinter mir, sonst hätten sich da wohl noch einige
Verzögerungen ergeben. Das Schießen wurde übrigens nicht
bewertet, das mußten wir noch mal wiederholen. Da haben wir
uns aber auch nicht lumpen lassen, denn die Jungs waren zu
dieser Zeit absolut fit. Ein paar Wochen später wurde ich
dann mit der Auszeichnung „Löschung einer
Disziplinarstrafe“ belobigt.
@www.flak11.de,
März 2006
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