Beschreibung
des Spiegelbildschießens
(zusammengestellt aus Beiträgen von Andreas
Deperade, Ralf Weyda und Siegfried Kliesch)
Schema:
Ralf Weyda
Die
Spiegelbildebene war eine genau definierte Linie im Bezug ihres
Seitenwinkels auf die Nord-Süd-Achse. Das heißt, die waren alle so
um die 15-00 +- x weil ja die Ostseeküste dort im wesentlichen in
West-Ost-Richtung verläuft.
KOPA,
POS und jedes schießende Geschütz standen mit ihrem Mittelpunkt
genau auf- u n d mit ihrer Längsachse genau in der definierten
Richtung der Spiegelbildebene. Zur Orientierung aller Beteiligten
war auf der Spiegelbildebene ein Draht gespannt, anhand dessen sich
die schießenden Geschütze ausrichten konnten. Die Fla-SFL hatten
vorn und hinten an der Wanne eine Markierung, die genau über dem
gespannten Draht sein mußte, damit gewährleistet war, daß die SFL
mit ihrer Längsachse genau auf und in Richtung der Spiegelbildebene
stand. (wissenschaft)
Shilkas
auf der Spiegelbildebene - ganz links das KOPA Gebäude
Foto aus MTH Flakartillerie v. K.H. Otto, Militärverlag der DDR
1987)
Meist
wussten wir schon vor der Aufgabenstellung "Nächster
Anflug..." vom LTLA, dass da was im Anflug war, ARE-80 sei
Dank!
Ich
glaube, als BC habe ich die Aufgabenstellung auch so wörtlich an
die Fla-SFL weitergegeben, ergänzt durch "Wolga 123 -
Sektorsuche, Seitenwinkel 15-00! Ziel suchen!" Wobei ich die
Anrede "Wolga" von der OHS übernommen habe, hat mir nämlich
so gut gefallen. In diesem Fall war auch die Sektorsuche (also ohne
Rundsicht) angemessen, denn die Anflugrichtung war beim Prüfungsgefechtsschießen
ja bekannt.
Sobald
eine Fla-SFL das Ziel aufgefaßt und in der AZB (automatische
Zielbegleitung) hatte, meldete der betreffende Kommandant
"Wolga 1 - Ziel aufgefasst!".
Mit
dem Kommando des BC "Wolga 1 - Zielzuweisung!" las der OFO
die Zielzuweisung für die anderen Fla-SFL nach dem Muster
Seitenwinkel-Höhenwinkel-Entfernung. Dabei lag in der Kürze die Würze,
also hörte sich das so an: "14-50! 1-00! 12! (totschka)
Richtantriebe
konnten ab dem Zeitpunkt zugeschaltet werden, wenn die Maschine in
den Sektor flog , denn sonst hätte Mister Siegfried Otto (Anm.
Sicherheitsoffizier) ja drücken müssen ( Waffen außerhalb ...)
weil er ja anfangs nicht wußte, ob die Besatzungen an irgendeinem
Schalter fummeln , erst mit dem "weit über den Warschauer
Vertrag bekannten Neuerervorschlag" von einem damals Obtln K
aus WFS ( die sogenannte Rundumleuchte) haben die SO optisch
erkannt, wann der "Oberkommandant" in der Schilka die
Schießstromkreise aktiviert hatte.
Der
FSP hat übrigens bei Einflug in den Sektor "scharfer Zielflug
" als Kommando auch für mich gegeben ..und dabei die Lampe am
KOPA geschaltet ... der OORFE hat dann das Kdo " scharfer ZF
" an den LTLA weitergereicht ... alles mit Tarnnamen , auch über
Kabel ...(florian)
Jetzt
meldeten die Kommandanten der anderen Fla-SFL ebenfalls "Ziel
aufgefasst!" Wurde das Ziel stabil begleitet, kam das Kommando
"Ausgang Rechengerät zuschalten!" Hier bin ich aber beim
zeitlichen Ablauf unsicher, sinnvoll ist es aber an dieser Stelle,
damit die Richtantriebe im Moment der Feuerführung annähernd
ruckelfrei laufen.
Das
war der Moment, sich nach der blauen Rundumleuchte am Gefechtsstand
umzusehen und auf das Kommando "Feuerlaubnis!" vom LTLA zu
warten. Kam das, erhielt der Kommandant der ausgewählten Schilka
die Feuererlaubnis. Wenn ich richtig liege, wurden erst jetzt die
Waffen geladen.
Der
Kommandant feuerte, wenn die Skalen Vx, Vy und Vh am Rechengerät
schön ruhig standen und die Lampe "Schusswerte vorhanden"
aufleuchtete.
Um
mit dem begrenzten Munitionsvorrat auch mindestens drei Feuerstöße
hinzubekommen, bediente man sich einer besonderen Technik. Der
Kommandant legte die Abfeuerungspistole in die linke Hand (sofern er
Rechtshänder war), schaltete die Waffenkühlung ein und hieb mit
dem Zeigefinger der rechten Hand kurz gegen den Abzug. Damit bestand
bei geübten Kommandanten ein kurzer Feuerstoß aus 3-4
Granatpatronen.Es war oft so, dass vier, manchmal fünf Feuerstöße
abgegeben wurden, was die Chance, drei davon im 10er zu haben, erhöhte.
Nach
erfolgter Bekämpfung des Ziels kam das Kommando "Halt! Feuer
Halt! Feuerverbot!"
Da
es der Ablaufplan meist vorsah, dass eine ganze Reihe von Aufgaben
geschossen wurde (es musste ja jede Fla-SFL mindestens einmal schießen)
war die Munition für mehrere Schießaufgaben hintereinander
gegurtet, nur getrennt durch ein leeres Gurtglied. Dass heißt, der
Munitionsverbrauch konnte nicht überschritten werden und die Waffen
waren für die nächste Aufgabe gleich wieder unterladen. Da jede
Waffe über drei Pyropatronen verfügte, konnte eine Fla-SFL
theoretisch so drei Schießaufgaben hintereinander erfüllen, ohne
dass die Besatzung den Kampfraum verlassen musste.
Nach
erfolgter Feuerführung wurden die Feuerpausenwerte wieder
eingenommen, das heißt, "Ausgang Rechengerät" wurde
wieder ausgeschaltet und die Waffen zeigten wieder in Richtung See.
Erlebnisbericht
zum Spiegelbildschießen von Ralf Weyda:
Mir
ist es als BC mal passiert, dass eine Schießaufgabe mit der Note
5 bewertet wurde, obwohl wir einen Feuerstoß im 10er hatten.
Allerdings war das Flugzeug auch darin.
Der Pilot
hielt seinen Kurs nicht exakt ein und kam der Spielgelbildebene
immer näher. Das hat erst keiner gemerkt. Sehen konnten wir
nichts, es war ein Nachtschießen. Das Ziel war durch alle 4
Fla-SFL aufgefasst und wurde automatisch begleitet. Die
Feuererlaubnis kam in Form der blauen Rundumleuchte am
Gefechtsstand und der KOPA sowie über Funk. Ich gab der
festgelegten Fla-SFL das Feuerkommando. Allerdings ging entweder
genau in diesem Moment oder kurz vorher das Blaulicht wieder aus.
Fakt ist, dass
ich im Moment des Feuerkommandos nicht noch mal zum Gefechtsstand
sah...
Als die
Fla-SFL das Feuer eröffnete, kam das Feuerverbot vom L-TLA über
Funk. Zu spät. Als der Pilot die Leuchtspuren auf sich zufliegen
sah, schob er den Nachbrenner rein und stieg senkrecht nach oben.
Da war er faktisch auf der Spiegelbildebene.
Der Verstoß
gegen die Sicherheitsbestimmungen wurde mit der Note 5 bewertet,
klar. Als BC fing ich den Anpfiff, auch klar. Dass ich bei Tag die
Bewegung der Antennen gesehen hätte und die Kursabweichung des
Zieldarstellers bemerkt hätte ist nicht klar, aber
wahrscheinlich.
Die Übermittlung
der Luftlage über das ASPD meines PU-12 hinkte den Ereignissen
hinterher. Der Flieger war einfach schneller als die Führungsgruppe
des L-TLA.
Unklar für
mich war an der Sache, dass 4 Kommandanten und 4 Oberfunkorter an
ihren Sichtgeräten diesen Kurs in Richtung Spiegelbildebene nicht
erkannten. Sie konnten es sich selbst nicht erklären.
Wahrscheinlich war es das Jagdfieber...
Der
Ausbildungsstand war gut, der ZF Unterleutnant im seinem letzten
Jahr, sein Stellvertreter Oberfeldwebel und seit einigen Jahren
mit der Schilka "verwachsen"... Wir haben unsere
Schlussfolgerungen daraus gezogen und bei der Ausbildung einfließen
lassen. Am
meisten waren wir jedoch froh, dass nichts passiert ist und wir
den armen Kerl nicht runtergeholt haben.
www.flak11.de,
März 2006
|